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Institut für Werkstoffsystemtechnik: Katalysator für Innovationen

Das Institut für Werkstoffsystemtechnik (WITg) in Tägerwilen spielt eine bedeutende Rolle für wissenschaftliche und technologische Entwicklungen aus dem Kanton Thurgau. Unter der Leitung von Torsten Bogatzky bietet es nicht nur Prüf- und Beratungsdienstleistungen für Unternehmen an, sondern fungiert auch als wichtiger Katalysator für Innovationen aus der Region.
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Der wissenschaftliche Leiter des WITg, Torsten Bogatzky.

Innovationsschub durch Kooperation

Das WITg unterstützt Firmen bei der Lösung von Problemstellungen in der Werkstofftechnik. Dabei geht es nicht nur um die Ermittlung von Messwerten, sondern auch um die Interpretation und Anwendung dieser Daten. «Darüber hinaus bieten wir eine Beratungsdienstleistung an, die eigentlich noch viel mehr Wert hat, als die reine Prüfdienstleistung», erläutert Bogatzky. Diese Dienstleistungen ermöglichen es den Unternehmen, ihre Prozesse und Produkte zu verbessern und neue Märkte zu erschliessen.

Das WITg ist an der Hochschule Konstanz für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) angehängt und bringt somit eine Hochschule in den Thurgau. Die gute und intensive Zusammenarbeit zwischen dem WITg und der HTWG ist besonders wichtig, da sie das Innovationspotenzial durch einen Ideen- und Erkenntnisaustausch erheblich steigert. Das Institut ist zudem durch die Innosuisse förderfähig, was es den Partnern des Instituts ermöglicht, innovative Projekte mit finanziellem und technischem Rückhalt zu realisieren. Dies stärkt die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Region nachhaltig, weil dadurch ein grosser Teil des finanziellen Risikos abgedeckt wird.

Für die Förderung eines Projekts durch die Innosuisse gelten aber strenge Voraussetzungen: Eine Idee muss mindestens zu einer Verbesserung, noch besser zu einer Neuentstehung von Prozessen oder Produkten führen.

Aus metallischer Magie weiter lernen

Aktuell arbeitet das WITg an Projekten, die für eine Vielzahl von Branchen relevant sind. Besonders profitieren Industrien, die metallische Werkstoffe einsetzen. «Eigentlich kann jedes Unternehmen profitieren, das metallische Stoffe einsetzt oder verarbeitet», betont Torsten Bogatzky. Zu diesen Projekten gehört die Entwicklung eines Tribometers in Zusammenarbeit mit Walter+Bai sowie die Forschung im Bereich Formgedächtnislegierungen.

Ein Tribometer ist ein Materialprüfgerät, das zur Untersuchung von Reibung, Verschleiss und Schmierung von Materialien und Oberflächen verwendet wird. Diese Geräte sind in vielen Industrien und Forschungsbereichen wichtig, um Materialeigenschaften zu bewerten, die Lebensdauer von Komponenten zu verlängern und die Effizienz mechanischer Systeme zu verbessern. Formgedächtnislegierungen auf der anderen Seite sind metallische Materialien, die nach einer Verformung wieder ihre ursprüngliche Form annehmen können, wenn sie erwärmt werden. Diese einzigartige Eigenschaft macht sie in vielen technologischen Anwendungen sehr nützlich.

In Zusammenarbeit mit der Firma Curls-IN und mit Unterstützung von Innosuisse entwickelte das WITg ein Produkt, das als Haarband getragen werden kann und durch die richtige Wickeltechnik Locken erzeugt. Durch Erwärmen des Haarbandes mit dem integrierten Formgedächtnis-Draht erhält es wieder seine Ursprungsform und kann mehrfach eingesetzt werden.

Ein nie endendes Laboratorium der Innovation

Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind integrale Bestandteile der Forschungsprojekte des WITg. «Das ist fast schon eine zwingende Betrachtung in all diesen Projekten», betont Torsten Bogatzky.

Ein Beispiel dazu ist die Entwicklung von Fischzucht-Netzen aus Stahl, die Mikroplastik im Meer verhindern sollen. Vor dieser Entwicklung, die als Zusammenarbeit von Geobrugg und WITg entstand, wurden in Fischfarming-Anlagen in Südamerika Nylon-Netze verwendet, die einen erheblichen Mikroplastik-Eintrag ins Meer verursachten. Dies konnte durch die Verwendung von Stahlnetzen verhindert werden. Jedoch müssen diese Stahlnetze erhebliche Schwingungen aushalten, um unter der Last des Wassers nicht zu brechen. Selbst wenn dann durch Abrieb Eisenoxid entstünde, entspräche dies eher dem natürlichen Habitat im Wasser als Mikroplastik aus Nylon. Zudem ist Stahl recycelbar und könnte nach Gebrauch wieder eingeschmolzen und verwertet werden.

Durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen und die finanzielle Unterstützung von Innosuisse kann das Institut für Werkstoffsystemtechnik wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Obwohl die Patente für die entwickelten Produkte bei den Partnerunternehmen verbleiben, profitiert das WITg vom kontinuierlichen Wissenszuwachs. Dieser ermöglicht es dem Institut, stets neue Ideen und Projekte zu entwickeln, wodurch ein dynamisches und fortlaufendes Laboratorium im Bereich der Werkstoffsystemtechnik entsteht, das als Motor für Innovationen dient.

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Welche Schwingungen hält das Stahlnetz aus? In diesem Gerät lässt sich genau diese Frage testen.

Mit unseren Partnern in der Region bedienen wir erfolgreich viele Nischenmärkte.

Flexibilität in unsicheren Zeiten

Wie viele Forschungsinstitute steht auch das WITg vor der Herausforderung, Projekte in wirtschaftlich unsicheren Zeiten voranzutreiben. Unternehmen zögern oft, in solchen Zeiten in risikoreiche Projekte zu investieren. Denn oft ist nicht nur die Idee oder das Projekt entscheidend, sondern vielmehr, ob die Unternehmen die finanziellen und personellen Ressourcen haben, um ein solches Projekt intern zu betreuen und zu begleiten.

Das Institut begegnet diesen Herausforderungen durch verstärkte Netzwerkarbeit und die flexible Anpassung an neue Fragestellungen. «Wenn ich merke, es geht mit einem Thema nicht weiter, dann wird dieses geparkt und ich beschäftige mich mit der nächsten möglichen Frage», erklärt Torsten Bogatzky. Unsicherheiten vereinfachen die Arbeit im Institut nicht, doch die Zusammenarbeit mit Unternehmen und anderen Forschungseinrichtungen bleibt der zentrale Aspekt in der Arbeit des WITg.

In der angewandten Forschung verbindet das Institut wissenschaftliche Expertise mit praktischen Anwendungen und stärkt damit die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Industrie. «Wir unterstützen die Thurgauer Unternehmen darin, weiterhin in ihren Nischen erfolgreich zu sein – teilweise auch Weltmarktführer zu bleiben», fasst Bogatzky die Mission des Instituts für Werkstoffsystemtechnik in Tägerwilen zusammen.